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Das vorläufig vollstreckbare Urteil und die Erstattungsfähigkeit der Bürgschaftskosten

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Die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Avalbürgschaft, die der Gläubiger beibringt, um die Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil zu ermöglichen, hängt nicht davon ab, dass dem Schuldner zuvor eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels zugestellt wurde. Vielmehr reicht es grundsätzlich aus, dass der Gläubiger im Zeitpunkt der kostenauslösenden Maßnahme im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels ist und der Schuldner in Kenntnis seiner unbedingten Zahlungsverpflichtung einen Zeitraum von 14 Tagen zur freiwilligen Erfüllung der titulierten Forderung hat verstreichen lassen.

Die Beschaffungskosten für eine nach § 709 ZPO zu leistende Sicherheit sind Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO. Das entspricht der h. M. in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur, ist aber nicht unbestritten.

Der Bundesgerichtshof braucht diesen Meinungsstreit nicht zu entscheiden. Rechnet man die Kosten einer zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung beigebrachten Bürgschaft dem Zwangsvollstreckungsverfahren zu, hängt ihre Erstattungsfähigkeit gemäß § 788 Abs. 1, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO davon ab, ob sie notwendig waren. Für die Gegenauffassung gilt im Ergebnis nichts anderes. Denn dann handelt es sich bei derartigen Kosten, die zur Vorbereitung der Vollstreckung aus dem Titel beim Gläubiger anfallen, um Verfahrenskosten im weiteren Sinn, deren Erstattungsfähigkeit auf dem zugrunde liegenden Prozessrechtsverhältnis beruht und deshalb ebenfalls nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu beurteilen ist. Daraus folgt, dass die Kosten einer zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung beigebrachten Bürgschaft ungeachtet ihrer Rechtsnatur gemäß § 103 Abs. 2, §§ 104, 107 ZPO (vgl. § 788 Abs. 2 Satz 1 ZPO) gerichtlich festzusetzen sind, soweit es sich um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung handelt.

Bei den in Rede stehenden Aufwendungen der Gläubiger für die Beibringung einer Bürgschaft handelt es sich jedenfalls dem Grunde nach um notwendige und deshalb erstattungsfähige Kosten der Rechtsverfolgung, § 788 Abs. 1, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Kosten auslösende Maßnahmen des Gläubigers, die der Zwangsvollstreckung oder – wie hier – ihrer Vorbereitung dienen, sind im obigen Sinne notwendig, wenn der Gläubiger sie bei verständiger Würdigung der Sachlage im Zeitpunkt ihrer Vornahme zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte. Hierzu muss er jedenfalls im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels über eine im maßgeblichen Zeitpunkt fällige Forderung sein und es muss dem Schuldner eine nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles angemessene Frist zur freiwilligen Leistung zur Verfügung gestanden haben.

Auf dieser Grundlage hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass die Erstattungsfähigkeit der durch eine Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung ausgelösten anwaltlichen Vollstreckungsgebühr nicht davon abhängt, ob der Anwalt zuvor die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels bewirkt hat. In einem solchen Fall reicht es vielmehr grundsätzlich aus, dass der Gläubiger im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels ist und die schutzwürdigen Belange des Schuldners dadurch gewahrt sind, dass dieser in Kenntnis seiner unbedingten Zahlungsverpflichtung eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Erfüllung der titulierten Forderung hat verstreichen lassen.

Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Kosten einer Avalbürgschaft, die der Gläubiger beibringt, um die Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil zu ermöglichen. Das Gesetz eröffnet ihm ungeachtet der nach § 720a ZPO vorgesehenen Sicherungsvollstreckung gemäß §§ 709, 750 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit, auch die endgültige, seinen Anspruch befriedigende Vollstreckung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils schon vor dem Eintritt der Rechtskraft und unabhängig davon einzuleiten, ob dem Schuldner eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels zugestellt wurde. Hierzu ist er insbesondere ohne Einhaltung der Wartefrist des § 750 Abs. 3 ZPO berechtigt, die nur für den Beginn einer Sicherungsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung maßgebend ist.

Bei Anwendung dieser Grundsätze erweisen sich im hier entschiedenen Fall die von den Gläubigern zur Festsetzung angemeldeten Bürgschaftskosten dem Grunde nach als erstattungsfähige Kosten der Rechtsverfolgung. Die Beschaffung einer Bürgschaft zur Vorbereitung der Vollstreckung des Schuldtitels war insbesondere nicht schon deshalb verfrüht, weil sie vor dem Ablauf der Rechtsmittelfrist und zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Schuldnerin eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils noch nicht zugestellt worden war. Das Gesetz erlaubt dem Gläubiger vielmehr eine solche Vorgehensweise, ohne dass er hierfür eine besondere Eilbedürftigkeit der von ihm eingeleiteten Vollstreckung darlegen muss.

Die Schuldnerin hatte ausreichende Gelegenheit für eine freiwillige Bezahlung der titulierten Forderung. Ihr war spätestens ab Zustellung des Urteils am 11.01.2008 bewusst, zur unbedingten Bezahlung des dort ausgeurteilten Betrages verpflichtet zu sein. Sie hatte mithin 2 ½ Wochen Zeit, die Forderung freiwillig zu begleichen, bevor die Gläubiger am 29.01.2008 die Kosten auslösende Bankbürgschaft erhielten. Dieser Zeitraum war länger, als es die Wartefrist des § 798 ZPO für die Vollstreckung aus anderen Schuldtiteln erfordert. Daraus folgt zwar nicht zwingend, dass die Gläubiger im Interesse einer die Belange des Schuldners angemessen berücksichtigenden, kostenschonenden Vorgehensweise hinreichend lange mit der Einleitung der Zwangsvollstreckung gewartet haben. Gleichwohl wird in Ansehung der sich aus § 798 ZPO ergebenden gesetzlichen Wertung die Einhaltung einer Wartefrist von 14 Tagen in der Regel auch für die Vollstreckung aus Urteilen als ausreichend anzusehen sein, wenn nicht besondere Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen, dem Gläubiger ausnahmsweise ein längeres Zuwarten zuzumuten. Solche Gründe, die in der Person des Schuldners, in den Besonderheiten des zugrunde liegenden Verfahrens oder in dem sonstigen Verhalten der Beteiligten begründet sein können, sind hier nicht ersichtlich.

Bundeserichtshof, Beschluss vom 4. Oktober 2012 – VII ZB 11/10


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